Abschrift eines Artikels aus "DIE HARKE" - Nienburger Zeitung, Ausgabe 126/2008  vom 31. Mai 2008

Überschuldete Eltern, arme Kinder                  
Aktionswoche Schuldnerberatung vom 16. bis 20.Juni 2008
             
Landkreis (DH). Hilfe für überschuldete Eltern ist immer auch eine Hilfe für die  betroffenen Kinder - das ist eine Kemaussage der diesjährigen Aktionswoche
Schuldnerberatung, die von den Wohlfahrts- und Fachverbänden unter dem Motto „Uberschuldete Eltern - arme Kinder“ vom 16. bis 20. Juni durchgeführt wird.

Foto Wolfgang LippelBei den Ratsuchenden, die die Schuldnerberatung in Anspruch nehmen, sind häufig  auch Kinder von den Folgen der Uberschuldung betroffen. Wolfgang Lippel,  Schuldnerberater des Paritätischen Nienburg, führt aus, dass bei seiner Beratungsstelle im Jahr 2007 gut zwei Drittel dieser Personen Kinder seien. Diese würden ebenso unter den knappen Finanzen und den häufig daraus folgenden familiären Problemen leiden.
Nichtteilnahme an Klassenfahrten oder anderen kostenpflichtigen Aktionen in  Schule oder Kindergarten, mangelhafte Ernährung oder Bekleidung sowie das Nichtwahrnehmen von Förderangeboten seien häufig die Folgen. Dies seien eindeutige Indikatoren für Kinderarmut.
Die Forderungen der Wohlfahrts- und Fachverbände, die sich in der „Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände“ (AG SBV) zusammengeschlossen haben, beinhalten auch den kostenlosen Zugang zur Schuldnerberatung für überschuldete Familien. Diese Forderung, so der Schuldnerberater, sei im Landkreis Nienburg realisiert. Die Schuldnerberatung des Paritätischen Nienburg biete seit ihrer Gründung eine kostenfreie Beratung an, dies werde durch die öffentliche Förderung der Beratungsstelle ermöglicht. Leider sei das allerdings in anderen Landkreisen nicht selbstverständlich.
 
Weitere Forderungen der Aktionswoche seien laut Lippe die Bildung von örtlichen Netzwerken zur Früherkennung von Kinderarmut und den damit verbundenen Problemen. Weiterhin sei es eine alte Forderung der Schuldnerberatung, den Erwerb von Finanzkompetenz zu ermöglichen. Es gehe darum, Kinder und Jugendliche davor zu bewahren, sich in ihrem künftigen Leben selbst zu überschulden. Hierzu seien Eltern häufig allein nicht in der Lage, hier seien Kindertagesstätten, Schulen und andere Einrichtungen gefordert. Konzepte für präventive Arbeit seien bundesweit schon entwickelt worden, es gehe häufig um die Finanzierung der Umsetzung.

Die Aktionswoche fordere außerdem eine Anhebung des Regelsatzes für Sozialleistungen. Die momentanen Leistungen, die nach den sogenannten Hartz - IV - Gesetzen und den Bestimmungen der Sozialhilfe gewährt werden, seien nicht bedarfsdeckend. Die Sätze würden nicht ausreichen, um eine ausgewogene  Ernährung der Kinder und Jugendlichen sowie deren Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sicherzustellen.
Lippel merkte an, dass der Paritätische schon seit Jahren eine Erhöhung der Regelsätze um 20 Prozent fordere. Dies sei aufgrund der massiv gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreise mittlerweile eher eine Mindestforderung. Außerdem solle das Kindergeld nicht auf diese Sozialleistungen angerechnet werden.
Zusätzlich fordere die Aktionswoche Lernmittelfreiheit, Ausbau von Ganztagsschulen mit kostenlosem Mittagessen sowie kostenlose Förderangebote für arme Familien. Auch sollten Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden. Ebenso müsse die Forderung nach Chancengleichheit für Kinder mit Migrationshintergrund erheblich stärker in den Vordergrund gerückt werden.