Bürgersprechstunde
Vielleicht war es ja diese Unzufriedenheit der Herzogin, die ihren Gemahl Ernst August veranlaßte, eine wesentliche Vergrößerung und Erneuerung der Jagdschloßanlage in Auftrag zu geben. Es ist aber auch möglich, dass Ernst August mit der Erlangung der Kurwürde auch im stillen Linsburg mehr höfische Pracht zeigen wollte, und ihm die alten Gebäude für diesen Zweck nicht mehr repräsentativ genug erschienen. Obwohl im Hauptstaatsarchiv befindliche Rechnungen belegen, dass in der Zeit seit dem Dreissigjährigen Krieg immer wieder Ausbesserungs- und Erneuerungsarbeiten an einzelnen Gebäuden vorgenommen worden waren, diese also durchaus noch nutzbar waren, veranlaßte Ernst August nun doch eine bedeutende Erweiterung um zusätzliche 9 Gebäude. Nach der Fertigstellung verfügte der hannoversche Hof in Linsburg nun über einen Gesamtkomplex mit 19 Gebäuden, der bei einer Länge von 800m und einer Breite von etwa 250m eine Fläche von rund 20 ha einnahm. Als „Neues Schloß auf der Höhe" bezeichnete man nun das auf dem „Päperbarge" errichtete neue Hauptgebäude, welches zusammen mit den beiden Nebenflügeln der Unterbringung der kurfürstlichen Familie und der sie begleitenden Edelleute diente. Die alte Schloßanlage beherbergte jetzt das immer größer gewordene restliche Gefolge und die ständigen Bewohner, wie den Schloßverwalter und das Wachpersonal. Die anderen neuen Gebäude waren Zweckbauten, von denen besonders der Marstall und das Wagenhaus mit je etwa 90 m Länge erahnen lassen, mit welcher großen Zahl an Pferden und Wagen der kurfürstliche Jagdzug in Linsburg Einzug hielt.
Inzwischen war von Frankreich kommend auch am hannoverschen Hof die Parforcejagd in Mode gekommen, und so war für die dabei benötigte Meute extra ein Parforcehundestall errichtet worden. Auch im Grinderwald selbst waren Neuerungen vorgenommen worden. Am augenfälligsten war die Anlage von 2 heute noch vorhandenen sternförmigen Wegekomplexen. Von ihrem Zentrum aus konnte man sehr gut die Wildbewegungen innerhalb der großen bejagten Waldkomplexe beobachten und bequem und schnell zu dem von den Hunden gestellten Wild gelangen, um es zu erlegen.
Dieses war besonders für Kurfürst Ernst August wichtig, da er infolge seiner angegriffenen Gesundheit nur noch von der Kutsche aus jagen konnte. Er hielt sich nun immer länger und lieber in Linsburg auf und überließ die Regierungsgeschäfte in Hannover mehr und mehr seinem ältesten Sohn, dem Kurprinzen Georg Ludwig. Ein Brief von Kurfürstin Sophie aus dem Jahre 1696 berichtet davon:
„......Unser Courfürst jhagen zu Linsburg, haben alle Kammer- und Lantsachen Dero Courprinzen übergeben, klagen sehr über den Schwindel, wollen derhalben in einer caleche den hirsch jhagen in ein sehr grossen parc, so I. L.(Ihro Liebden) haben machen lassen....."
Die Anlage dieses im vorgenannten Brief als „Parc", sonst aber auch als „Thiergarten" bezeichneten Komplexes im Grinderwald hatte sich Ernst August laut einer Kammerrechnung von 1696 die Summe von 15 000 Taler kosten lassen.
Doch dem ersten Kurfürsten Hannovers war die Nutzung seiner in der Fertigstellung begriffenen Jagdschloßanlage nicht mehr oft vergönnt, so sind seine Aufenthalte in den Monaten August und Oktober des Jahres 1696 zugleich auch seine letzten belegten Aufenthalte in seinem geliebten Grinderwalde. Der Historiker Georg Schnath schreibt hierüber: „Er zog sich nun ganz in die Einsamkeit des Grinderwaldes nach Linsburg zurück, wie ein waidwundes Tier in das Dickicht." Nach dem Tode Ernst August´s im Februar 1698 war es nun sein ältester Sohn Georg Ludwig, der als Kurfürst die Anlage in Linsburg vollenden ließ und sie auch ständig nutzte. Begleitet wurde er sehr oft auch von seiner Mutter, der Kurfürstenwitwe Sophie, die nun immer häufiger in ihren Briefen darüber schrieb, dass ihr die Aufenthalte dort, wo sie doch früher so wenig „Pläsier" hatte, immer lieber wurden.